24May 2005
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht
Damit sich unsere im Red Palm Hostel zurückgelassene Kiste nicht so einsam fühlt, haben wir noch eine zweite Box mit unseren warmen Neuseeland-Klamotten gepackt und dazugestellt . Bloß nicht mit viel Gepäck durch Asien reisen!!!
Nach einer durchquatschen Nacht mit Sofie und Hanis starteten wir um 8.30 am pünktlich (wir sind ja schließlich in Malaysia!) vom Stesen Sentral. Ihr seht, Malaiisch ist wirklich ganz einfach: central station wird zu stesen sentral). Die Expresszüge haben mehr oder minder mitteleuropäischen Standard. So dösten wir in den bequemen Sitzen und bibberten, dank der funktionierenden Klimaanlage, ein bisschen vor uns hin.
Wie wohlorganisiert Malaysia ist, zeigte sich auch, als uns eine Stunde später ein Schaffner – natürlich auf Englisch! – darauf hinwies, dass es ein Problem auf der Strecke nach Singapur gäbe. Wir müssten in „X“ aussteigen, mit dem Bus bis „Y“ fahren und dort in einen anderen Zug umsteigen. Netter Hinweis, doch wir wollen gar nicht nach Singapur, wir wollen nur bis Gemas. OK, dann könnt Ihr sitzen bleiben!
Uns schwante, dass „dieses Problem“ – wie sich später herausstellte, war ein Brücke weggespült worden – auch Auswirkungen auf unseren Anschlusszug von Gemas nach Kuala Lipis haben könnte, da dieser Zug aus Singapur kommt. Und so war es auch! Als wir am Schalter im Gemas unsere Tickets lösen wollten, meinte die nette Malaiin prompt: “Problem, problem, train will be late” – “How late?” – “Don’t know yet. Come back later”.
Wir grinsten, es ist schon klasse wieder mit asiatischen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Selbst im hochentwickelten Malaysia kann man problemlos „hängen bleiben“. Die Alternative, den Bus zu nehmen, schlug leider fehl. Der Schalter am Busbahnhof war geschlossen und alle, die wir fragten, schüttelten nur den Kopf auf unsere Frage, ob es einen Bus nach Kuala Lipis gebe. Da blieb uns nichts anderes übrig als zu warten, ob der Zug heute noch ankommen würde oder nicht. Die Beamtin am Bahnhof hatte optimistisch geklungen….
Vier Stunden hätten wir in Gemas sowieso auf unseren Anschlusszug warten müssen. Nun würden es eben sechs, acht oder zehn werden. Zum Glück machte Gemas einen netteren Eindruck als erwartet.
Wir verbrachten die ersten drei Stunden beim Inder, die nächste Stunde beim Chinesen und als wir um 15 Uhr am Bahnhof noch mal nachfragten, konnte uns immer noch niemand sagen, wann der Zug ungefähr eintreffen würde. Wir beschlossen lieber direkt am Bahnhof zu warten, nicht dass der Zug noch ohne uns weiterfährt .
Nach Gemas verschlägt es in der Regel keine Touristen (wir waren an diesem Tag auch die Einzigen), denn außer seinem verschlafenen Charakter hat dieser Ort nicht viel zu bieten. Wäre er nicht der Knotenpunkt der beiden Bahnlinien Malaysias, würde sich wohl kaum jemand hierher verirren.
Für uns Europäer ist es immer wieder erstaunlich wie viel Beschäftigte es z.B. an so einem kleinen Bahnhof gibt. Pro Tag passieren 8-10 Züge Gemas und pro Zug gibt es mindestens einen Beschäftigten. Es dauerte nicht lange bis wir jeden einzelnen kannten . Als wir zum dritten Mal nachfragten, ob es denn Informationen gebe, mit wie viel Stunden Verspätung der Zug Gemas erreichen würde, griff der Oberchef sogar zum Telefon und fand für uns heraus, dass wir mit mindestens mit 4 Stunden zu rechnen hätten. Und als der Zug dann tatsächlich mit 4 Stunden Verspätung einrollte, wussten alle am Bahnhof, woher wir kamen, wohin wir wollten usw. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass uns etliche Leute darauf hinwiesen, dass unser Zug am Gleis 3 und nicht am Gleis 1 fährt!!! Wir hatten die beste Betreuung, die man sich nur wünschen kann!!! Es dauerte dann zwar noch weitere 1,5 Stunden bis der Zug in Richtung Kuala Lipis losrollte, denn so ein Lok-Wechsel nimmt schon seine Zeit in Anspruch; doch wir wollen uns nicht beschweren, schließlich hatten wir einen Privatwaggon!
Als wir um Mitternacht in Kuala Lipis eintrafen und schon bangten ob wir überhaupt noch wo unterkommen würden, war die Türe zu Appu’s Guesthouse erfreulicherweise noch offen und der Gute sogar da. Als wir ihm von unserer Odyssee berichteten, meinte er nur: “Are you stupid?? Yes, you are stupid!!! Why did you take the train??? Stupid, stupid!! The bus from Kuala Lumpur to Kuala Lipis takes only three hours!!! You are stupid!!” Vor 15 Jahren dauerte die Busfahrt von KL nach Kuala Lipis noch 7 Stunden und die Straße war stellenweise wirklich heftig, doch mittlerweile ist die gesamte Strecke perfekt ausgebaut. Ja, das hätten wir wirklich einfacher haben können, doch die netten Bahnbeamten in Gemas hätten wir dann nicht kennen gelernt .