09March 2005
Im Tal des Windes
Rob hatte uns diese Ecke Neuseelands als Wilderness-Erfahrung empfohlen. Bereits im DOC in Christchurch hatte wir eine schematische Karte zu diesem Gebiet ergattert und viel mehr Informationen schien es hierzu auch nicht zu geben. Die Karte zeigte etliche Hütten mit 2-12 bunks (niedlich!), doch leider fehlte es komplett an Höhenangaben. Liegt diese Hütte nun auf 500 oder 1200 Metern? Hat jener Pass 1.600 oder 2.200 Meter?
Im nicht weit entfernten Visitor Centre konnte uns leider auch niemand mitteilen, ob die Hütten alle über eine Heizmöglichkeit verfügen; denn mit völlig durchnässten Klamotten in einer Hütte ohne Ofen anzukommen ist wirklich kein Spaß. Wird wohl nur noch getoppt, wenn man eine Hütte gar nicht findet! Ihr meint, so doof kann man sich gar nicht anstellen? Nun ja, in diesem Gebiet gibt es keine angelegten und ausgelatschten Wanderwege. Es sind fast alles Routen, in der Regel unmarkiert. Und bei schlechtem Wetter mit geringer Sichtweite kann man eine hinter Bäumen windgeschützte Hütte schon mal verfehlen….vor allem solch kleine Hüttchen!
Letzten Endes haben wir in einem kleinen DOC-Büro doch noch jemanden gefunden, der das Gebiet richtig gut kennt. Ja, ganz hinten im Tal sollte es superschön. Klang prima, da wollten wir hin!
Völlig unkompliziert konnten wir unsere Laptops und anderen Krempel in einer schicken Lodge einlagern. Hier konnten wir auch einen Blick auf die an die Wand gepinnten 1:50.000 Wanderkarten werfen (der Schreibwarenladen hatte leider schon geschlossen gehabt….). Ja, die meisten der Pässe sind wohl ohne Steigeisen und Eispickel nicht zu bewältigen. Grummel, „nur“ im Tal langzuhatschen ist ja etwas öde….. zumindest einen Pass würde ich gerne erklimmen!
Auch wenn der DOC Temple Forest Campground auf unserer tollen Karte nicht eingezeichnet war, so hatten uns doch ein paar Leute versichert, dass er existiert. Und nach 20m km gravel road hatten wir ihn tatsächlich gefunden. Feines Plätzchen! Und abgesehen von einer Million Sandflies auch verdammt einsam.
Tabakreserven
Nachdem wir den frischen Lachs von der Salmon Farm verspeist hatten und uns die „Zigarrette danach“ ansteckten, wurde uns plötzlich ein fataler logistischer Fehler bewusst. Wir hatten alle unsere Tabakvorräte in der Lodge abgegeben, und die noch vorhandenen Krümel sowie eine Schachtel Lao-Kippen waren für eine 6-Tages-Tour bei drei ausgeprägten Suchtbolzen nicht gerade üppig. Verdammt!!! Wir beschlossen „nur deshalb“ die 20 km Schotterpiste nicht zurückfahren, sonder weniger zu rauchen. Höhö, das hat bisher ja noch nie funktioniert….
Verfluchter Wind
Nach einem ausgedehnten Sonnenfrühstück mit leckerem Espresso (Ja ja jaaaaa, Ute hat eine 20-Tassen-Espressomaschine mitgebracht, geile Sache!!!!!)
und der Aufteilung des Futterberges für die kommenden 6 Tage war es mal wieder früher Nachmittag bis wir durchstarteten. Wow, dieses mal war der Rucksack ganz schön schwer (ich denke, ich muss es gar nicht extra erwähnen, dass wir drei coffe-junkies die Espressomaschine natürlich im Gepäck hatten!), doch erst mal auf dem Rücken, war er kaum noch zu spüren. Mein BACH-Rucksack! Passt wie angegossen!
Wäre unser Charly 4WD-tauglich hätten wir uns die ersten 8 Kilometer sparen können, doch so lehnten wir uns dem immer stärker werdenden Wind entgegen bis wir nach 2 Stunden die kleine Monument Hut erreicht hatten.
Vorwitzige Nager
Der dauerhafte Gegenwind hatte richtig Kraft gekostet und unsere eigentliche Zielhütte des Tages lag noch 4 Stunden entfernt. Hmm, bei dem Wind noch 4 Stunden durch das ungeschützte Tal? Mittlerweile war es auch schon 16 Uhr. Auf der anderen Flussseite gab es in einer Stunde Entfernung auch noch eine Hütte. Einziger Nachteil: wenn der prognostizierte Regen einsetzt und die Flüsse ansteigen, kommt man von dieser Hütte nicht mehr weg. OK, we take the risk!
Während unserer Entscheidungsfindung hatten sich tatsächlich 4 (!) Mäuse in Andreas Rucksack auf erfolgreiche Essenssuche begeben! Und schwups, da kam auch noch eine aus meinem Rucksack gesprungen. Freche, kleine Biester!! Uns schwante, dass dies wohl nicht die einzige Hütte mit Mäusen sein würde….
Auf unserer Superkarte ähnelte der Fluss eher einem See, doch die Topo-Karte in der Monument Hut, zeigte, dass das breite Flussbett im wesentlichen von zwei Flussarmen durchzogen wird, getrennt durch eine ca. 500m Kiesbank.
Ute schaute gar nicht begeistert drein, als wir die flachste Stelle des ersten 8-10 m breiten Flussarmes für die Überquerung suchten. „Wollen wir nicht doch lieber noch 4 Stunden laufen? Das Wasser sieht so kalt aus!“ Genau das hatten wir bei unseren ersten Flussquerungen auch gedacht . Doch mittlerweile wissen wir: alles halb so wild. Nach den ersten Schritten spürt man wie das Wasser langsam von oben in die Schuhe läuft und in 2-3 Sekunden den Fußraum flutet. Und dann hat man es auch schon hinter sich. Nässer wird es nicht mehr!
KIWI-style Tramping: da Flussüberquerungen, tiefe Schlammlöcher und jede Menge Regen einfach zum neuseeländischen Wandern dazugehören, erkennt man Kiwis schon an ihrer Kleidung. Sie wandern ausnahmslos in kurze Hosen und Gamaschen!
Als ich mitten im Fluss stand fragte ich mich, warum ich – seit 2 Tagen ebenfalls stolze Gamaschen-Besitzerin – dieselben im Rucksack und nicht um meine Waden hatte…
Nachdem wir eine Stunde durch das Kiesbett geholpert waren, erspähte ich das rote Dach der Red Hut. Nun trennte uns nur noch der zweite Flussarm, der sich hier in 4 kleinere Arme auffächerte, von der Hütte. Wie im 8-seitigen Booklet How to cross rivers gelesen, warfen wir zur Ermittlung der Fließgeschwindigkeit Stöckchen in den Fluss: recht schnell, aber nicht wirklich tief, d.h. nicht viel über Kniehöhe. Nun, auf der Nordostseite des Flusses, genossen wir die Sonne bis sie hinter den Gipfeln verschwand.
Laut Hüttenbuch kommt mindestens die Hälfte aller Leute nicht per pedes sondern per 4WD. Hm, Freitag Abend, wir befürchteten schon, dass nach Einbruch der Dunkelheit etliche Jeeplichter um die Ecke biegen würden. Doch nein, wir blieben von den wirklich harten Jungs (die in der Hütte deponierten Magazine bewiesen es) verschont. Mit dem letzten Tageslicht stolperten nur noch 4 junge Wanderer in die Hütte. Obwohl wir alle unsere Fressalien im food locker außerhalb der Hütte verstaut hatten, machten die Mäuse jede Menge Radau; doch irgendwann sind uns allen die Augen zu gefallen.
It’s raining again
Unsere vier „Mit-Hüttler“ hatten zwar gemeint, dass das Wetter am nächsten Tag noch ganz gut und erst übermorgen richtig biestig werden sollte, doch der Blick aus dem Fenster zeigte verhangene Berge und Nieselregen. Nun ja, vielleicht haben wir ja Glück und es bleibt beim Nieseln, von der Red Hut müssen wir auf jeden Fall weg, so lange es noch geht. Der Fluss war mittlerweile so schnell, dass wir ihn nur noch zu dritt – fest ineinanderverhakt – querten. Diese Methode ist ziemlich stabil und es bekommt auch nur einer die volle Wucht des Wassers ab.
An der Elcho Hut angekommen beschlossen wir doch noch uns die Cullen Hut anzusehen. Auf dem direkten Weg durch den Fluss in 15 Minuten oder über die Swingbridge in 1,5 Stunden. Mal sehen, ob der Fluss noch passierbar ist. Oh la la, es war zwar letzten Endes nur 1 Meter der wirklich heftig war (so isses, wenn man nicht aufpasst, da hatte ich doch glatt die Außenposition erwischt und das Wasser bis zur Hüfte!), doch noch reisenderes Wasser würde ich auch zu dritt nicht mehr queren!!! Da uns die Cullen Hut mit ihren 4 bunks – Tisch gab es nicht – nicht gerade von den Socken haute, und es morgen wohl den ganzen tag schütten würde, beschlossen wir zur Elcho Hut zurückzukehren. Ich machte drei Kreuze als wir alle wohlbehalten wieder auf der anderen Flussseite standen!
Rising high
Anfangs sammelten wir das Regenwasser noch in Töpfen, da es keinen Regentank gab, doch irgendwann war uns allen klar: wir werden wohl eher im Wasser ertrinken als verdursten! Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und es schüttete wie aus Kübeln. Wo vorher noch Trampelpfade waren, schoss nun das Wasser in Form von kleinen Wildbächen herunter. Hätten wir Gummistiefel gehabt, wir hätten sie beim Besuch des Plumpsklos sicherlich benutzt.
Der Pioneer Ofen heizte zum Glück so gut, dass unsere Klamotten ganz und die Schuhe fast trocken (ich weiß gar nicht, warum uns das noch immer wichtig ist; mittlerweile sollten wir doch wissen, dass sie sich am nächsten Wandertag eh wieder in ein Mini-Schwimmbad verwandeln werden…) wurden. Das Holzlager war prall gefüllt, es hätte also noch ein paar Tage so weiter gehen können. Essen war auch noch für 3 Tage da. Fertignudeln Alfredo sind zwar leicht zu tragen aber selbst der gutmütigste Magen sehnt sich irgendwann nach etwas frischer Abwechslung.
Nun, seit diesem Hüttentag spielen Andreas und Ute ganz ordentlich Skat! Das Zocken lenkte uns auch von der immer wiederkehrenden Frage ab, ob wir hier wohl je wieder rauskommen oder der Fluss bis zur Hütte steigen würde und: wer wird das ersteKannibalenopfer?
Einmal wagten wir uns ein paar hundert Meter von der Elcho Hut weg, um zu sehen wie es „umme Ecke“ mit dem Wasser aussieht – hoffnungslos! Das Wasser stieg mit beeindruckender (und beängstigender) Geschwindigkeit! Bedroht von reißenden Wassermassen krochen wir um ein paar Sorgenfalten reicher in unsere Schlafsäcke.
“Kleiner” Abstecher
Yeah, yeah, yeah, es hatte wohl keiner von uns wirklich daran geglaubt, dass wir am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein draußen frühstücken würden!! Und glücklicherweise fällt das Wasser genauso schnell wie es steigt.
Übermütig und von der Sonne geblendet beschlossen wir noch einen Abstecher zur Forks Hut im Huxley Tal zu unternehmen. Die Wegebauer vom DOC haben sich ja was gedacht: damit man nach Regentagen weiterwandern kann, haben sie High Water Tracks eingerichtet. Dass man hierdurch den Flussquerungen entkommt, mag ja sein (wir sind wohl irgendwo falsch abgebogen und mussten doch wieder durch den Fluss … ), aber die Bezeichnung Track – für nicht vorhandene Wege – ist dann doch etwas frech.
Nach saftig schmatzenden Tussockwiesen erreichten wir den Huxley River. Ein Blick genügte: no chance to cross! Dieses Problem schienen auch schon andere vor uns gehabt zu haben und so zeichnete sich ein weiterer „HWT“ im Wald ab. Am rutschig schmierigen Steilhang gewannen wir an Höhe bis wir ein sehr steiles Erdrutschfeld queren mussten. Als Einstieg für das 2 Meter tiefer liegende Schotterfeld diente ein nicht mehr ganz vertrauenswürdiger Baum, an dem man sich a la Tarzan hinabschwang. Andreas hatte schon wieder sicheren Boden unter den Füßen, ich stand noch mitten im Schotter, als ich sah wie Utes Augen immer größer wurden und sie mit leicht panischer Stimme fragte. DA SOLL ICH RUNTER?? Mit diesem schweren Rucksack?? Ich lande garantiert 5 Meter weiter unten im reisenden Huxley. Ute fasste sich ein Herz bevor sie die nächste Panikwelle gleich in den Huxley spülte und hangelte sich todesmutig hinunter. Doch bei Ihrer Suche nach Halt fand sie einfach keinen richtigen Tritt auf dem losen Schotter. Ein verzweifeltes „Oh Scheiße“ auf den Lippen rammte sie ihren linken Fuß in wilder Entschlossen in den bröselnden Schotter und hatte die Steilstufe erfolgreich gemeistert. Nun waren es nur noch 3 Meter bis zum sicheren Waldboden. Dort angekommen meinte sie nur: aber zurück gibt es einen anderen Weg, oder? Den gehe ich nicht mehr!
Etwas sorgenvoll betrachteten wir die Stiefelabdrücke im Matsch. Sah nach mindestens 3 Paar aus. Bei 6 bunks in der Huxley Hut konnte das eventuelle eng werden! Schwein gehabt: es lungerten nur 2 Jungs vom DOC auf ihren Betten, die restlichen waren noch frei! Die beiden nahmen uns sogleich die Illusion am nächsten Tag den Brodrick Pass zu erklimmen, der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Und so verbrachten wir einen weiteren Regentag in der winzigen Hütte und kamen dem Hüttenkoller verdammt nah! Ich sach nur: Alfredo & Skat!
Die einzige Abwechslung bot die britische Armee, die mit 14 Jungs auf dem Rückweg von der Brodrick Hut bei uns vorbeikam. Die erste Hälfte der Jungs war klatschnass und stapfte nach einem Stündchen Pause weiter Richtung Tal, der zweite Trupp tauchte erst Stunden später und laut fluchend auf. Ein Fluss hatte mittlerweile Brusthöhe erreicht gehabt und sie kamen einfach nicht drüber. So warteten sie im Regen auf das Abebben desselben und des Flusses….. Sie hatten definitiv die Schnauze gestrichen voll und schlugen ihre Zelte im Wald auf.
Nichts wie raus hier!
Wir rechnete nicht damit trocken zu Red Charly zurückzukehren, doch wir hofften alle, dass es am nächsten Tag nicht wieder so schütten würde. Die Futterreserven waren aufgebraucht, wir mussten raus. Die DOC-Jungs waren in Erwartung ihrer Helikopter-Essenslieferung früh auf den Beinen und so auch wir. Schon um 8 Uhr starteten wir im Nieselregen zur Mission „High Water Track, die zweite“. Die ersten beiden Flussquerungen waren harmloser als erwartet und ließen uns hoffen. Selbst der HWT war nicht so schmierig wie befürchtet und da wir uns für die höhere Variante des „HWTs“ entschieden, entgingen wir sogar der Erdrutschquerung . Und mit meinen neuen Gamaschen macht Schlammwaten fast schon Spaß!
Jetzt war es nicht mehr weit bis zur Monument Hut. Glücklicherweise packte sich Ute erst am letzten Tag auf einem der glitschigen Steine in den Bach und traf mit dem Knie äußerst unsanft auf einen der spitzesten Steine der südlichen Hemisphäre. AUTSCH!! Auf der Monument Hut kochten wir uns noch ein Süppchen. Verzögerungstaktik!! Wir hatten alle Null Bock auf die beiden oberätzenden Stunden auf dem 4WD zum Parkplatz. Wir sahen die ganze Zeit die Bergkuppe hinter der Charly auf uns wartete, doch sie wollte einfach nicht näher kommen. Und wir bekamen mal wieder zu spüren, warum diese Ecke „Tals des Windes“ heißt. Zurück am Parkplatz öffnete ich die Heckklappe und sah zu meinem Entsetzen, dass Mäuse unsere letzten Klopapier- und Roibush-Tee-Reserven zum Nestbau verwendet hatten. Na prima!!
Nach 9 Tagen ohne Dusche sehnten wir uns alle nur noch nach heißem Nass. Es war definitiv mal wieder an der Zeit den Luxus eines Hostels zu genießen! Wir hätten es nicht besser treffen können. Im Buscot Station Backpacker gab es sogar ein behinderten gerechtes Klo mit Griffstange für unsere Kniegeschädigte .
March 17th, 2005 at 23:15
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Hallo!! Wolfgang hat mir (jetzt schon!!) verraten, dass es diese Seite gibt. Jetzt hab ich 20 Minuten meiner Arbeitszeit im
für mich leider nur virtuellenNeuseeland verbracht, bin total neidisch und hab gar keine Lust mehr, mich mit GUIs zu beschäftigen Viele Grüße, ThorstenMarch 22nd, 2005 at 02:49
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cool, wenn ich mit meinem hirnfick von diss fertig bin, gehe ich dahin, wo es besser ist: neuseeland. anna