16December 2004
Na Keun
“Handiclap”
Vermutlich haetten wir uns von Lao Pako “querfeldein” mit den verschiedensten Vehikeln nach Na Keun am Nam Ngum Stausee durchschlagen koennen. Doch ueber Vientiane war es einfacher und ich konnte die Moeglichkeit nutzen, mir am Talat Sao einen fleece-aehnlichen Pulli zu kaufen. Mal sehen wann und wo ich das Mal vor Kaelte zittere (si si Ana, yo se que estoy una friolera).
Nach 2 Stunden hatten wir das kleine Markstaedtchen Thalat erreicht. Bevor wir uns fuer die letzten 8 km ein Tuk-Tuk organisieren konnten, wurden wir von zwei total besoffenen Laoten in den Hinterraum eine Mini-Restaurants gezerrt, um dort mit ihnen auf die Neueroeffnung ihres Handiclap (Handicraft)-Shops anzustossen. Die Jungs hatten bereits so viel getankt, dass es wirklich nicht mehr witzig war und wir nach dem ersten Pflicht-Beer-Lao schleunigst das Weite suchten.
Na Keun ist ein winziges Fischerdorf, das gerade mal aus ein paar Huetten und einem recht grossen “Ressort” besteht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass auch nur an einem einzigen Tag im Jahr alle Raeume und Bungalows belegt sind, auch wenn Na Keun ein beliebtes Ausflugsziel fuer Laoten aus Vientiane sein soll. In unserer ersten Nacht waren wir auf jeden Fall die einigen Gaeste.
Ich bin echt froh, dass ich mittlerweile Zahlen, einfache Fragen sowie ein paar Gerichte und Getraenke auf Laotisch beherrsche, denn hier spricht kaum jemand Englisch!
Mr. Sanga
Ich wollte am fruehen Morgen das Dorfleben beschnuppern, als mich ein alter Mann – Mr. Sanga – mit fuer laotische Verhaeltnisse ausgezeichnetem Englisch ansprach. Er ist Bootsfuehrer und bot mir eine Inseltour an. Nein, vielen Dank, aber wir wollen heute faulenzen. Aber morgen benoetigen wir ein Boot nach Ta Heu. Allerdings waren wir diesbezueglich schon mit einem anderen Bootsfuehrer in Verhandlung, was ich ihm auch mitteilte. Bei 50 Huetten kennt wohl jeder jeden und ich kann nicht einschaetzen wie die Befindlichkeiten bezueglich “Fahrt wegschnappen” sind.
Abends schauten wir noch mal bei Mr. Sanga vorbei. Er wollte gerade sein “Restaurant” (2 Tische in einer offenen Brettebrude) schliessen. Wir sassen noch 2 Stuendchen zusammen und lauschten seinen Geschichten.
Englisch hatte er als Moench gelernt. Fast alle Maenner gehen fuer einige Zeit ins Kloster, da sich dies positiv auf das jetzige und das naechste Leben auswirkt. Eine zeitlang hat er als Security bei der amerikanischen Botschaft gearbeitet, seit 1974 lebt er in Na Keun. Hier arbeitete er fuer das Department of Development des Ende der 60-er Jahre gefluteten Stausees (7 Millionen Kubikmeter!). In Na Keun machen sich die negativen Auswirken des Staudamms seit langem bemerkbar. Frueher holten die Fischer ueber 300 kg Fisch am Tag aus dem Wasser. Heute sind es maximal noch 5 kg. Interessanterweise bruestet sich Thailand, dass sie heutzutage weder Waelder abholzen noch Staudaemme bauen. Sie importieren naemlich Holz und Strom aus Laos (80% des erzeugten Stroms) und Myanmar…. , Thailand scheint von den Industrienationen gelernt zu haben, die einst ihre Risikoproduktionen u.a. nach Indien ausgelagert haben… Es gibt immer einen, der noch schwaecher ist!
Heute wartet Mr. Sanga darauf, dass sein 7 Kinder Geld verdienen und damit ihn und seine Frau unterstuetzen. Da sie jedoch erst mit 27 ihr erstes Kind bekommen hat, haben sie derzeit noch 3 schulpflichtige Kinder. Allein fuer die Fahrt zur Schule muessen sie jeden Tag 0,6 US$ aufwenden, ganz zu schweigen von Schulbuechern, Heften etc. Nicht viel?! Herr Sanga bekommt 20$ Rente im Monat!!
Erstaunlicherweise muss in Na Keun zum Huettenbau kein Land erworben werden. Wer will, kann seine Bambushuette an einem freien Fleckchen Erde errichten. Er muss “nur” eine jaehrliche Steuer von 5 US$ an den Staat abfuehren. Allerdings kann man bei diesem Prinzip sein Haus auch nicht verkaufen!
Wir haben den alten Mann so sehr in unser Herz geschlossen, dass wir sehr betruebt waren, nicht mit ihm die morgige Bootsfart zu unternehmen. Wir versprachen am naechsten Morgen bei ihm zu fruehstuecken.
Laotisches Freuhstueck
Es gab eine klare Suppe mit Kohlrabi-aehnlichem Gemuese, dazu frisch zubereitete Chillisauce zum Wuerzen und sticky rice (Klebereis). Dieser Reis wird immer in kleinen Bambuskoerbchen serviert. Man nimmt eine handvoll, knetet ihn mit der rechten (!) Hand zu einem Wuerstchen und tunkt ihn dann in die Suppe. Laoten essen sticky rice morgens, mittags und abends. Sticky rice – scheint es – haelt dieses Land zusammen.
Waehrend ich coffee-junky es in Berlin kaum bis zu Kaisers geschafft habe, wenn mal keine Milch im Kuehlschrank war, kann ich hier 2-3 Stunden am Morgen durchaus ohne das schwarze Gebraeu auskommen. Das liegt wohl auch an den ausgiebigen 8-9 Stunden Schlaf .
Zu unserer Ueberraschung fuhr uns dann doch Mr. Sanga ueber den See. Die beiden werden das schon irgendwie ausgehandelt haben. So bekamen wir sogar eine kleine Sightseeingtour. Er fuhr mit uns durch die unzaehligen Inseln, Ueberbleibsel der Bergkuppen nach der Flutung des Stausees. Seit ein paar Jahren werden unterseeisch Tropenhoelzer gefaellt und fuer viel Geld verkauft. Wir schauten zu wie ca. 15 Jungs versuchten, den bereits gefaellten, mindestens 2 Tonnen wiegenden Baumstamm fuer den Abtransport auf ein Schiff zu verladen. Hierfuer stand ihnen nur eine einfache Seilwinde zur Verfuegung. Nach 30 Minuten hatten sie es mit viel Geschick geschafft, denn selbst mit der Seilwinde konnten sie kaum den Baumes anheben.
Ich war wirklich ein bisschen traurig als wir Mr. Sanga zum letzten Mal die Haende schuettelten. An so vielen Orten denke ich hier muss ich unbedingt noch mal herkommen. Na Keun ist dank Mr. Sanga einer davon!!